§. 34. Politisches Leben der Griechen.
33
4. Politisches Leben der Griechen.
§. 34. Was die staatlich en Einrichtungen der Griechen betrifft,
so standen Anfangs die einzelnen Völkerschaften unter Königen, welche
nach deni Erbrecht oder mit Gewalt den Thron erhielten. Die P r ie-
st er hatten nirgends eine Herrschaft, dagegen durch die Orakel be-
deutenden Einfluß. Nach der dorischen Wanderung trennte sich das
Ganze in einzelne, von einander unabhängige Städtegebiete, welche
zuweilen in einen Stadtebund zusammentraten. Die Königsthümer
verschwanden bald, indem die Könige theils ausstarben, theils vertrieben
wurden. An ihre Stelle traten in Städten mit großem Grundbesitz
Arisiokratieen (Adelsherrschaften). Diesem Adel suchte sich in
Handelsstaaten der Stand der Reichen gleichzustellen, der dann die
Oberherrschaft bekam; dies nannte man Timokratie. Das niedere
Volk bildete, wo die neuen Einwanderer das llebergewicht erhielten,
eine Art Mittelstand, oder sank zur Leibeigenschaft herab. Als Sklaven
hatte man nur gekaufte Nichtgriechen. In Städten mit großem Han-
dels- und Gewerbstande, wo die Glieder dieses Standes bald zu Reich-
thum gelangten, errangen sie sich meist einen Antheil an der Regierung,
und es entstand die beschränkte Demokratie (Volksherrschaft).
Aus beiden, der Aristokratie und Demokratie, gieng zuweilen die
Tyrannis hervor, d. h. die unbeschränkte Herrschaft eines Einzelnen, eines
sogenannten Tyrannen, worunter man sich jedoch, besonders in der älteren
Zeit, nicht immer einen grausamen Despoten, sondern meist einen für das
Wohl des Volkes besorgten Alleinherrn zu denken hat. Aus der Timokratie
entstand häufig die Oligarchi e, die Herrschaft Weniger, welche sich durch
Gewalt in der Regierung zu erhalten suchten. Oft aber überschritt auch das
Volk (der Demos) die Schranken und erzwang sich allgemeine Theilnahme
an der Regierung (unbeschränkte Demokratie), welche leicht in
Ochlokratie (Pöbelherrschast) ausartete.
Bei diesein Auseinandergehen der griechischen Stämme hatten sie
doch wieder verschiedene Bande der Einigung. Zuerst die Gast-
f r e u n d s ch a f t, dann die Waffen- und Bundesgenossen-
schäften mehrerer Staaten unter der Oberanführung (Hegemoni e)
des angesehensten; ferner die Amphiktyvnie, eine Verbindung meh-
rerer Staaten zum Schutz der gemeinschaftlichen Heiligthümer und Fest-
spiele. — Das allgemeinste und weiteste Band aber waren ihre hei-
ligen Festspiele: die dem Zeus geweihten olympischen, welche alle
vier Jahre wiederkehrten, und nach welchen ihre Zeitrechnung sich rich-
tete; die dem Apollo geweihten pytbisch en zu Delphi; die dem Poseidon
geweihten isthmischeu bei Korinth und die von Herakles gestifteten
nemeischen bei Nemea.
Leitfaden der Weltgeschichte. 3
r
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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§. 36. Athen.
35
Diese Verfassung, von welcher das Orakel erklärte, daß Sparta groß
und herrlich seyn werde, so lange es dabei bleibe, begünstigte zwar weder
das Gefühl für Zartheit und Annmth, noch den Sinn für Kunst und
Wissenschaft, förderte dagegen eine Kriegstüchtigkeit, wie sie nicht leicht
gefunden wurde.
Dieselbe zeigte sich mit großer Härte vermischt, schon in den beiden
erstern messenischen Kriegen (740—722 und 685—668), in wel-
chen Messenien trotz der außerordentlichen Tapferkeit seiner Bewohner
und seiner Anführer Aristodemus und Aristo men es unterworfen
wurde, zeigte sich ferner irr dein Kampfe Sparta's mit Argos und Ar-
kadien, so daß Sparta die Hegemonie über einen großen Theil des
Peloponnes erhielt.
6. Athen.
§. 36. Den dorischen Spartanern ganz entgegengesetzt hielten die jonischen
Athener neben körperlicher Tüchtigkeit volle geistige Ausbildung durch
Wissenschaft, Kunst und Gewerbe für das höchste Ziel der Erziehung
und gaben sich eine Staatseinrichtung, welche jedem Einzelnen Geltung
verschaffte, aber auch ein leichtbewegliches, zu steten Neuerungen ge-
neigtes Wesen beförderte.
Nachdem der letzte athenische König Kvdrus im Jahr 1068 v. Ehr.
gefallen war, wurde die Königswürde abgeschafft, und zuerst ein Ar-
chon auf Lebenszeit, später neun Archonten aus den Vornehmen
gewählt, welche ihre Würde ein Jahr behielten.
Diese Adelsherrschaft wollte Drako durch seine Gesetzgebung 624
befestigen, von der mau sagte, daß sie mit Blut geschrieben sey, weie'^r-
sie selbst auf die kleinsten Vergehen die härtesten Strafenjetzte. Solche
Härte rief einen Aufstand des Volkes unter K y l o n gegen die Eupa-
triden (Adelsherren) unter Megakles hervor, der einen 30jährigen
Kampf zur Folge hatte, bis Solon, ein Nachkomme des Kodrus, dieser
Verwirrung durch eine neue Verfassung ein Ende machte. 594
Die Grundzüge der solonischcn Verfassung sind folgende:
1. Bürger wurde man durch Geburt oder Einbürgerung mittelst Volks-
beschluß. Die Erziehung (bis zum 16. Jahr im elterlichen Hause, von da
bis zum 18. im öffentlichen Gymnasium) sollte Körper und Geist gleichmäßig
ausbilden. Mit dem 18. Jahr wurde der junge Athener mündig, dann folgte
zweijähriger Kriegsdienst. Mit dem 20. Jabr erhielt er Stimmrecht in der
Volksversammlung und mit dem 30. das Recht zum Eintritt in die He li äa,
d. h. in das Geschwornengericht.
2. Alle Bürger waren nach ihrem Vermögen in vier Klassen getheilt und
nahmen nach diesem an den Rechten und Pflichten des Staates und am
Kriegsdienste Theil. 3*
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37
§. 38. Die Perscrkriege. (Aufstand der Ionier.)
Die Kunst wurde von der Gesammtheit der Griechen gepflegt und
es gelangten schon damals zu bedeutender Höhe die Musik, die Architek-
tonik, die Plastik und die Dichtkunst.
Aus jener Zeit stammte der prachtvolle Apollotempel zu Delphi und der
Dianentempel zu Ephesus, der zu den 7 Wunderwerken der Welt gezählt
wurde. — Von den Dichtern nennen wir Homer, den Sänger der Ilias
und Odyssee, dann Hesiodus, Tyrtaus, Pindarus, und den Fabeldichter
Aesop.
Die damalige griechische Philosophie war theils ein Fragen nach
dem Ursprung der Welt und der in ihr waltenden Gottheit, theils Nahm
sie eine blos praktische Richtung mit Moral und Politik verbunden (z. B
bei den 7 Weisen Griechenlands: Kleobülns, .Periander, Pit-
tacns, Bias, Thales, Chilon und Solon), theils suchte sie mit
Hilfe der Astromonie und Mathematik zum Bewnßtseyn über das Leben
in der Natur zu kommen.
Pythagoras aus Samos (geb. 584), der zu Kroton in Unteritalien
eine philosophische Schule stiftete, sah das Wesen der Dinge in den innern
Zahlenverhältnissen und Zahlenverbindungen, und betrachtete die Welt als ein
harmonisches Ganze, das sich um einen göttlichen Mittelpunkt bewege.
2. Griechenlands mittlere Zeit.
Dtttmar's histor. Atlas. Taf. Iii.
1. Die Perserkriege. (Ausstand der Ionier.)
§. 38. Schon unter Cyrus hatten sich die Perser die griechischer: Städtv
in Kleinasien unterworfen, und in jeder Stadt einen Griechen zum Allein-
herrn eingesetzt, um sie durch dieselben besser beherrschen zu kön-
nen. Unter der Regierung des Darins Hystaspis faßten zwei dieser
Alleinherren Histiäus, Fürst von Milet, und sein Schwiegersohn
und Nachfolger Aristago ras, den Plan, sämmtliche griechische Städte
von der Oberhoheit der Perser loszumachen. Hiezu suchte der Letztere
auch die Hilfe der Mutterstaaten zu gewinnen; aber nur Athen und
Eretria ans der Insel Euböa waren geneigt dazu. Ersteres sandte 20,
letzteres 5 Schiffe zu Hilfe.
Die Stadtfürsten wurden nun vertrieben, und die demokratischen
Strategen sammelten ein Heer, mit welchem sie gegen den persischen Statt-
halter in Sardes zogen, und zwar die Stadt einnahmen, aber die Burg
nicht erobern konnten. Die Stadt gieng dabei zufällig in Flammen auf,
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43
§. 44. Sokrates. §. 45. Sparta's Vorherrschaft.
Athener waren ein gänzlich verdorbenes Volk geworden. Dies zeigte
sich besonders in ihrem Verfahren gegen Sokrates.
Sokrates war der Sohn eines Bildhauers, verließ aber in seinem dreißig-
sten Jahre die Werkstätte seines Vaters, um sich dem Studium der Philo-
sophie zu widmen. Bald kam er zu der Einsicht, daß der Satz: „Lerne
dich selbst kennen" die Grundlage aller Weisheit und seine Befolgung die
wichtigste Aufgabe für den Menschen sey. Er erkannte ferner, daß die Tu-
gend nur im Zusammenhang mit dem höchsten Gut oder Gott gedacht
und geübt werden könne. Daß wenn es nur an Einer Tugend fehle, alle
übrigen nichts helfen; endlich daß die wahre Weisheit ohne Sittlichkeit nicht
bestehen könne; diese aber müsse sich im Kampf gegen die Sinnlichkeit be-
währen und die Seele deshalb immer auf Gott gerichtet seyn.
Nach dieser Weisheit lebte er selbst und suchte sie auch bei andern in das
Leben einzuführen, weshalb er immer eine Anzahl lernbegieriger Jünglinge
um sich hatte, welche er durch seine freundliche und ansprechende Lehrweise zu
gewinnen wußte. Da er aber dabei dem Schlechten ohne Menschensurcht zu
Leibe gieng, so hatte er bald eine Menge Gegner, und unter diesen besonders
die Sophisten, Menschen, denen es bei ihrer Weisheit und Redekunst nur
um Ehre, Geld und Sinnenlust zu thun war und deren Lügenwesen Sokrates
ohne Schonung aufdeckte und durch seinen Wandel beschämte. Deshalb klagten
sie ihn als einen Verächter der Götter, Verführer der Jugend und Staats-
verräther an.
Da Sokrates nach seiner einfachen Selbstvertheidigung nur mit einem Mehr
von drei Stimmen für schuldig erklärt wurde, so hätte er das Recht gehabt,
seine Strafe (Verbannung, lebenslängliches Gefängniß oder Geldbuße) selbst zu
wählen. Mit stolz verachtendem, beißendem Ton aber überließ er seinen Rich-
tern selbst das Urthcil, worauf diese, durch seinen Spott aufgebracht, ihn
zum Tode vcrurtheilten.
Heiter und muthig gieng er ins Gefängniß, wo er noch 30 Tage Zeit
hatte, seine Schüler in seinen Lehren zu befestigen. Am letzten Tage sprach
er lange mit ihnen über Tod und Unsterblichkeit, tröstete sie und trank 399
v. Ehr. mit der größten Ruhe den Giftbecher, welcher ihm gereicht wurde.
— Er war ein Alaun, an welchem sich zeigte, daß auch die Heiden vom Da-
seyn Gottes wissen (Röm. 1, 19. 20), sowie ein Beispiel von der Macht,
aber auch von der Grenze des in dem natürlichen Gewissen niedergelegten Sit-
tengesetzes (Röm. 2, l4. 15).
8. Spartas Vorherrschaft.
§. 45. Run trat Sparta an die Stelle Athens als erste Stadt Grie-
chenlands, und machte nicht nur das Festland, sondern auch die Inseln
und die kleinasiatifchen Colonieen von sich abhängig. Aber schon während
des peloponnesischeu Kriegs waren seine sittlichen Grundlagen unter-
graben worden und nun kam es dadurch, daß es sich mehr und mehr
in eine Seemacht umwandelte, auf die gleiche Bahn, auf der Athen
zu Grund gegangen war.
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34
§. 35. Sparta.
Sie bestanden in Wettrennen zu Pferd, zu Wagen und zu Fuß, in Ring-
und Faustkämpfen, im Discus (Wurfscheiben) - und Speerwerfen; später
kamen auch noch Wettkämpfe in der Musik und Dichtkunst und Ausstellungen
von Kunstwerken dazu. Nur Griechen konnten daran theilnehmen, um die
„vergängliche Krone", den Oelzweig, zu erringen, der jedoch für die höchste
irdische Ehre galt.
5. Sparta.
§. 35. Die bedeutendsten der griechischen Staaten waren schon in früher
Zeit Sparta und Athen.
Die Spartaner oder Spartiaten, d. h. die Dorer, welche Sparta
eroberten, waren durch fortwährende Kämpfe mit den achäischen Ein-
wohnern des Landes noch schroffer und härter geworden, als sie ohne-
dies schon waren. Ihr Staat kam durch die Streitigkeiten zweier
Königshäuser an den Rand des Verderbens, aus welchem endlich
880 die Gesetzgebung Lykurgs ihn rettete. Dieser hatte die Krone zu
v.cbr Gunsten seines nachgeborenen Neffen niedergelegt, und dann lange
Reisen in fremde Länder gemacht, wo er sich viele Erfahrungen in Be-
ziehung auf die Verwaltung des Staats sammelte.
Die Hauptpunkte seiner Verfassung waren folgende:
1. Nur die Spartiaten hatten volles Bürgerrecht; die Periöken,
d. h. diejenigen Achäer, welche sich freiwillig unterworfen hatten, waren per-
sönlich, aber nicht politisch frei; die Heloten d. h. Achäer, welche Widerstand
geleistet hatten, waren die eigentlichen Sklaven und unter die Spartiaten
vertheilt, von welchen sie sehr hart behandelt wurden.
. 2. Das ganze Land war Eigenthum des Staats, d. h. der Spartiaten,
von denen jeder ein Grundstück zur Benützung bekam; auch die Periöken
erhielten Grundstücke, aber gegen Zinsabgabe; die Heloten mußten das.
Land bauen.
3. Die Spartiaten durften weder goldene noch silberne, sondern nur
eiserne Münzen führen; aller Aufwand in Kleidung, Geräthen und Nahrung
war verboten. Alle Spartiaten mußten an gemeinschaftlichen, höchst mäßigen
Mahlen theilnehmen.
4. Die Kinder gehörten dem Staat; gebrechliche und schwächliche wurden
ausgesetzt, die andern vom siebenten Jahre au in öffentlichen Anstalten sehr
streng erzogen, wo man sie besonders an verständiges Urthcil, kurze und
bündige Rede, Ertragung aller Schmerzen und Beschwerden, an unbedingten
Gehorsani und Ehrfurcht gegen Aeltere und Vorgesetzte, an Muth und Tapfer-
keit, Aufopferung für das Vaterland zu gewöhnen suchte.
5. In Sparta regierten zwei (Titular-) Könige mit dem Rath der 28
G eron ten. Späterhin erhielten die 5 Eph o ren die meiste Macht im Staat.
Neue Gesetze durften nur mit Zustimmung der Volksversammlung eingeführt
werden, aus welcher auch die Gerusia, ein Bürgerausschuß, hervorgieng,
welcher die der Volksversammlung vorzulegenden Fragen vorbereitete.
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36 §. 37. Griechische Kunst bis zur Mitte des fünften Jahrhunderts.
3. Sämmtliche über 20 Jahre alten Bürger bildeten die Volksver-
sammlung, welche als höchste, unumschränkte Gewalt durch Stimmenmehr-
heit über alle ihr vorgelegten Fragen entschied. Der spartanischen Gerusia
ähnlich war der Rath der Vierhundert. Der Areopag oder oberste
Gerichtshof hatte das Richteramt in peinlichen Fällen und die Oberaufsicht
über den Staat, die Sitten und den Cultus. Für die niedern Gerichtshöfe
wurden jährlich durchs Loos 6000 Heliasten oder Mitglieder der Heliäa d. i.
des Geschwornengerichts gewählt und aus diesen für jeden Prozeß eine gewisse
Anzahl bestimmt.
Nachdem Solou sich von den Athenern hatte versprechen lassen, daß
sie binnen 100 Jahren nichts an seiner Verfassung ändern wollten, be-
gab er sich ans Reisen (auf welchen er auch zum König Krösus iu
Lydien kam). Da brach aber der Streit der Parteien aufs Neue
aus und Pisistratus, Solon's Verwandter, machte sich in: Jahr
560zum Alleinherrn von Athen, das er nach längerem Kampfe vom
v. Cbr.jahr 540 an zum Besten des Volks nach der solonischen Verfassung
regierte und durch Begünstigung der Künste, des Handels und der Ge-
werbe, Wohlstand und Bildung bedeutend hob.
Nach seinem Tode (528) regierten seine Söhne Hippias und Hip-
parchus anfangs in dem gemäßigten Sinne ihres Vaters, suchten aber
später die Rechte des Volks zu schmäler», so daß eine Verschwörung
entstand und Hipparch ermordet wurde, worauf Hippias eiue
strenge Gewaltherrschaft übte.
Die Gedrückten nahmen ihre Zuflucht zu Sparta, das ein Heer
sandte, mit dessen Hilfe die Pis istra tid en vertrieben wurden
(510). Der Parteikampf aber entbrannte aufs Neue und der Führer
der Volkspartei Klisthenes änderte die Verfassung Athens so von
Grund aus, daß sie in eine unbeschränkte Demokratie übergieng. Die
Macht des Adels war von da an gebrochen, das Streben nach Unab-
hängigkeit aufs Höchste gesteigert, dadurch aber auch die frühere Ge-
diegenheit und Einfachheit untergraben. Es herrschte seitdem in Athen
ein leichtbeweglicher, neuerungssüchtiger, der Volkslaune und dem Par-
teiwesen sich hingebender Geist.
Die Spartaner wollten nun der Adelspartei in Athen zu Hilfe
kommen, wurden aber geschlagen, worauf sich Hippias an den per-
sischen Statthalter in Sardes wendete, um von ihm Hilfe zu erlangen.
7. Griechisches Leben in Kunst und Wissenschaft bis in die Mitte des fünften
Jahrhunderts v. Chr.
§. 37. In Bezug auf griechisches Leben in Kunst und Wissenschaft
wollen wir aus jener Zeit nur Folgendes hervorheben:
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§. 42. Athens Glanz.
Kräfte gebracht hatten, suchten sie ein neues Feld ihrer Thatigkeit.
Vor Allen aber war es Athen darum zu thun, die Vorherrschaft
(Hegemonie) in Griechenland zu gewinnen.
Dies wurde ihm um so leichter, da sich Sparta nach dem Unter-
gang seines Königs Pausanias von den weitern Unternehmungen
gegen Persien zurückzog. Dadurch wurde Athen das Haupt der grie-
chischen Staaten des Festlandes und der Inseln, durch Stiftung des athe-
näischen Bundes.
Nachdem seine Mauern durch des Themistokles Bemühung wieder her-
gestellt waren, leitete A r i st i d e s die inner» Angelegenheiten des Bundes,
und Cimon, des Miltiades Sohn, der sich durch seine Wohlthätigkeit
großes Ansehen erworben hatte, wurde Oberbefehlshaber gegen Persien.
Themistokles aber mußte seines Hab- und herrschsüchtigen Wesens
wegen in die Verbannung gehen. — Cimon entriß den Persern vollends
469 die griechischen Küstenstädte, schlug sie in der Doppelschlacht am Flusse Eu-
v- Ehr.x ^ m i k o n, und verschaffte seiner Vaterstadt großen Ruhm und Reichthum.
Bald aber wurde er auf Antrieb des Perikles, der das wankel-
müthige Volk gegen den aristokratisch gesinnten Cimon einzunehmen
wußte, auf 10 Jahre verbannt. Die athenische Flotte konnte aber
unter ihren neuen Führern nichts ausrichten, deßhalb wurde Cimon
zurückbernsen und wieder an die Spitze gestellt. Er schlug die persische
Flotte nochmals, starb jedoch schon 449 bei der Belagerung von Ci-
tium (auf Cypern), und nun ruhte der Krieg mit den Persern auf
lange Zeit.
5. Athens Glanz.
§. 42. An die Spitze des Staates trat nun Perikles, ein ausgezeich-
neter Redner und Staatsmann, voll Ruhe, Würde und Gelassenheit,
Unbestechlichkeit und Unnftgenützigkeit, und hob durch seine Verwaltung
Athen zur höchsten Blüthe.
Er verschaffte den nieder» Ständen größer« Antheil an der Re-
gierung und verwendete die großen Reichthümer, weiche nach Athen
stoßen, zur Hebung der materiellen Wohlfahrt, zur Verschönerung
Athens durch Aufstellung von Meisterwerken der Baukunst und Bild-
nerei, zu höherer Ausbildung der Kunst und Wissenschaft durch Her-
beiziehung von Gelehrten und Künstlern, so daß man sein Zeitalter
das goldene der Literatur und Kunst nennt.
Leider aber lag unter dieser Fülle des Lebensgenusses der Keim des
Verderbens verborgen. Das Volk wurde eitel und geschwätzig, hab-
gierig und genußsüchtig, ungerecht und hart, und wollte weder in sitt-
licher noch staatlicher Beziehung mehr den Zaum dulden, so daß der
Verfall mit Macht hereinbrach.
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41
§. 43. Der peloponnesische Krieg bis zum Frieden des Nicias.
6. Der peloponnesische Krieg bis zum Frieden des Nicias.
§. 43. Aie Hegemonie Athens artete mehr und. mehr in eine uner-
trägliche Bedrückung seiner Bundesgenossen aus, so daß da und dort
einer derselben das Joch abzuschütteln und auch Sparta der immer
weiter um sich greifenden Demokratie entgegen zu treten suchte. Zwar
vermittelte Perikles im Jahr 445 einen dreißigjährigen Waf-
fenstil l stand mit Sparta; aber..ehe er abgelaufen war, brach der
peloponnesische Krieg aus, der unter manchem Wechsel von L3l Lol
währte und mit der Demüthigung Athens endete. v. Chr
In Epidamnus waren die Aristokraten von den Demokraten ver-
trieben worden. Beide Theile suchten nun in ihrem Streit fremde Hilfe
zu gewinnen. Die Aristokraten wurden von Corcyra unterstützt, das
im Bund mit Athen Epidamnus eroberte. Die Demokraten aber hatten
sich an Korinth gewendet, welches ihnen Hilfe sandte, und nach der
Eroberung von Epidamnus auch Sparta und seine Bundesgenossen
in den Krieg hineinzog.
Die Spartaner machten nun jedes Jahr Einfälle in das athenische
Gebiet und verwüsteten das platte Land, während die Athener nur
ihre Städte vertheidigten und mit der Flotte die peloponnesischen Küsten
verheerten. Zugleich stieg in allen Städten die Zwietracht der Parteien
aufs Höchste und führte in einzelnen derselben zu einem gräulichen Ver-
nichtungskampfe.
Zum Unglück für Athen brach schon 430 v. Ehr. in der überfüllten
Stadt eine furchtbare Pest aus und raffte (429) auch den Perikles
weg, worauf eine zügellose Pöbelh errsch a ft einriß, und der Krieg
einen immer häßlicheren Charakter annahm. Doch waren die Athener
unter ihrem Anführer Kleon, einem rohen, doch kräftigen Mann, bis
zum Jahr 424 meist im Vortheil.
Dann aber wandte sich das Glück. Eine Abtheilung ihres Heeres
wurde bei D elium, das Hauptheer aber bei Amphipolis von dem
trefflichen, edeln Spartaner Brasldas vollständig geschlagen. Zwar
fand Brasldas den Heldentod, aber auch Kleon fiel auf der Flucht,
worauf Nicias von Athen einen fünfzigjährigen Frieden ver-
mittelte.
7. Erneuerung des Kriegs. Athens Fall.
§. 44. Aber in Athen lebte damals der junge, schöne und reiche, dabei
aber eitle, üppige, ehrsüchtige und leichtsinnige Alcibiades, dem der
Friede zu seinen Zwecken nicht genehnr war und der deßhalb das haltlose
Volk zum Bruch desselben zu bewegen wußte.
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TM Hauptwörter (100): [T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
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42
§. 44. Erneuerung des Kriegs. Athens Fall.
Er betrieb nämlich eine Seeunternehmung gegen Sicilien,
um Sparta dort in seinen Verbündeten anzugreifen und erhielt wirklich
den Oberbefehl über die größte Flotte, welche Athen jemals ausgerüstet
hatte. Er fuhr mit Mcias, den man ihm an die Seite setzte,
415 nach Sicilien und hatte eben Catana besetzt, als er nach Athen zurück-
v-Ehr.gerufen wurde, um sich wegen eines Frevels zu verantworten, den er vor
seiner Abfahrt an den Hermen der Stadt begangen haben sollte. Aus
Furcht vor dem wankelmüthigen Volk floh- er nach Sparta und reizte
dieses zu noch größeren Anstrengungen gegen seine Vaterstadt auf.
Auf seinen Rath vergrößerten die Spartaner ihre Flotte und schickten
sie unter Gylippus den Syraknsanern zu Hilfe. Die Athener mußten
die Belagerung aufheben; die Flotte gieng zu Grunde, das Landheer
wurde beim Abzug eingeschlosseu und gefangen, Nicias hingerichtet und
die klebrigen theils in den Latomien (Steinbrüchen) dem Hungertod preisge-
geben, theils in die Sclaverei verkauft (414 v. Ehr.). Nicht lange darauf aber
entfernte sich Alcibiades von Sparta und brachte durch Th er am e-
nes es dahin, daß die Pöbelherrschaft in Athen gestürzt und eine
Oligarchie eingeführt wurde, die chn wieder nach Athen zurückrief und
ihm den Oberbefehl über die Flotte anvertraute. Vier Jahre stritt er
glücklich zur See gegen Sparta, bis dieses in Lysander einen Feld-
herrn bekam, der ihm an Schlauheit überlegen war. Auch hatte Alci-
biades noch viele Feinde in Athen. Als daher einst sein Unterbefehls-
haber in seiner Abwesenheit ein kleines Seegefecht verlor, nahm man
dem Alcibiades den Oberbefehl ab und ernannte 10 Feldherren.
Diese besiegten zwar 406 die Spartaner; weil sie aber in einem Sturm
die Leichen der Schiffbrüchigen nicht gesammelt hatten, wurden sie zum
Tode verurtheilt. Sechs wurden hingerichtet, zwei, darunter Ko n o n,
entffohen, woraus Lysander leicht die athenische Flotte in d e r Schla cht
405 bei Aegospotämos besiegte.
Hieraus wendete er sich gegen Athen und schloß es mit dem sparta-
nischen König Pausanias zu Land und zur See so eng ein, daß die
Stadt nach viermonatlicher Belagerung durch Hunger
404 zur Uebergabe gezwungen wurde. Die Mauern mußten geschleift, die
Schiffe bis auf zwölf ausgeliesert werden und an die Spitze der Regie-
rung stellte Sparta 30 Tyrannen, welche mit der größten Willkühr
herrschten.
Schon im folgenden Jahr aber wurden sie von Thrasybulus, der
an der. Spitze der Verbannten zurückkehrte, verjagt und später hinge-
richtet. Thrasybulus wollte nun die solonische Verfassung wieder Her-
stellen, aber der alte bessere Geist ließ sich nicht mehr erwecken, die
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Kap. 35. Die lykurg. Verfassung. Die messen. Kriege. Kap. 36. Athen. Zz
Die Spartiaten dienten als Hopliten oder Schwerbewaffnete. Feigheit war hchst entehrend. Der Seekrieg sollte gemieden werden.
So lange das Volk bei dieser Verfassung bleibe, werde es groß und herrlich sein", war die Antwort des Orakels aus die Anfrage wegen ihrer Einfhrung. Als Lykurg daher das Volk hatte schwren lassen, sie so lange zu halten, bis er von einer neuen Reise wieder kme, brachte er den Rest seines Lebens in Kreta zu, damit das Volk genthigt wre, seinem Eide fort und fort treu zu bleiben.
(2.) Zwar hinderte diese Verfassung durch die gebotene strenge Abgeschlos-senheit gegen das Ausland und durch die Unabnderlichkeit ihrer Einrichtun-gen eine hhere und mehrseitige geistige Entwicklung und war namentlich durch die berwiegende Ausbildung der krperlichen Krfte der Entwicklung des Gefhls fr Zartheit und Anmuth, so wie des Sinnes fr Kunst und Wissenschaft nicht gnstig; aber sie frderte eine auerordentliche Kriegstch-tigkeit und bewundernswrdigen Mannesmuth. Doch neigte sich der dadurch gesteigerte kriegerische Sinn der Spartaner auch zur Gewaltthtigkeit und Anmaklichkeit, was sich gleich in dem ersten und zweiten messenischen Kriege und in den Kriegen mit Argos und Arkadien zeigte, die dem Staate der Spartaner die Hegemonie (Vorherrschaft) der den grten Theil des Peloponnes verschafften.
Im ersten messenischen Kriege (743724) verteidigten sich die Messen!er unter der Fhrung des Aristodemus mit abwechselndem Glcke. Als sich aber der Kamps zu einem schlimmen Ausgang neigte, tdtete sich Aristodemus; die Messenier hiel-ien sich zwar noch eine Zeitlang in der Bergveste Jthme, muten sich aber nach dem Fall derselben unterwerfen und zu Periken machen lassen.
Im zweiten messenischen Kriege (685668), den der heldenmtige Aristo menes gegen die Spartaner begann, waren die Messenier anfangs glcklich. Als aber die Spar-taner, befeuert durch die Kriegsgesnge des ihnen von den Athenern an der Stelle eines Feldherrn zugesandten Dichters Tyrtus, siegten, so zogen sich die Messenier aus die Bergveste Jra zurck und hielten sich dort noch zehn Jahre lang durch glckliche Ausflle. Endlich wurde die Beste durch Benrath erobert; doch bahnte sich Aristo-menes mitten durch die Feinde hindurch einen freien Abzug und verlie mit den Seinen das Land. Die Zurckgebliebenen wurden von den Spartanern zu Heloten gemacht.
Im Kriege mit Argos berfiel der spartanische König Kleomenes I. diese Stadt und rottete fast den ganzen argivischen Adel aus. Dennoch erhielt sich Argos frei fate aber gegen Sparta fr alle Zeiten einen unauslschlichen Ha.
Da Sparta ein aristokratischer Staat war, lie es da, wohin seine Macht rnchte, nirgends weder eine Demokratie, noch auch eine Tyrannis bestehen oder auf-kommen.
Kap. 36. Athen.
(1.) Das Gegentheil des dorisch-spartanischen Wesens war der jonisch-attische Staat der Athener. Diese hielten nicht weniger auf leibliche Aus-bildung, erstrebten aber zugleich die volle geistige Bildung durch Wissen-schaft, Kunst und Gewerbflei und gaben sich eine-Staatseinrichtung, die jedem Einzelnen Geltung verschaffte, aber freilich auch dabei ein leicht bewegliches, zu steter Neuerung geneigtes Wesen befrderte.
Als ersten Grnder eines Staates in Attika nennt die berlieferung Eheseus (Kap. 31) der die zwlf zerstreuten Gemeinden dieses Landes in Athen zu Einer Gemeinde vereinigte.
Dittmar, Leitfaden der Weltgesch. 7. Aufl.
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TM Hauptwörter (100): [T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
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